Besuch der 11er Klassen des SG im MuSeele
Zum Ende des Schuljahres – und des ersten Schuljahres mit dem Fach PP (Pädagogik und Psychologie) – besuchten die Klassen SG11.1 und SG11.2 des Sozialwissenschaftlichen Gymnasiums (SG) mit ihren Klassenlehrer*innen Frau Wengert und Herrn Bertenrath das MuSeele, ein Psychiatriemuseum auf dem Gelände des Klinikums Christophsbad in Göppingen.
Im MuSeele geht es um Diagnosen, Therapiemethoden, Krankheitsbilder und Behandlungen heutige und aus vergangener Zeit.
Es ist beispielsweise möglich, anhand eines nachgestellten Raumes, das Erkranken an einer Schizophrenie hautnah zu erleben. Die Besucher*innen betreten diesen Raum, der alles andere als einladend ist. Aufgrund der Unmengen an Müll, die sich auf dem Boden befinden, muss ein Weg durch das Zimmer erst einmal geschaffen werden. Alte Zigarettenstummel, Pizzareste, leere Dosen und (unechte) Kakerlaken liegen im Zimmer verteilt. Sogar die Stimmen, die bei einer Schizophrenie vorkommen können, sind bei Betreten des Zimmers deutlich zu hören. Erschreckend! Aber das alles ist die traurige Wahrheit einer Schizophrenie.
Interessiert waren wir natürlich nicht nur an den Krankheiten selbst, sondern auch daran, wie diese behandelt werden. Spannend bei den Behandlungsmöglichkeiten war, dass uns zu den heutigen Beispielen von Behandlungen zusätzlich noch erklärt wurde, wie Behandlungen früher waren. Früher beispielsweise wurden Patientinnen oder Patienten stundenlang in Wasserbäder gesetzt. In der heutigen Zeit ist bekannt, dass diese Behandlung natürlich keine psychische Krankheit vermindert, geschweige denn heilt. Die Psychologen damals wussten es allerdings einfach nicht besser.
Eine Behandlung, die eine enorm hohe Erfolgsquote hat und für die Psychologie eine große Bereicherung war und bis heute immer noch ist, ist die sogenannte Elektrokrampftherapie (kurz EKT). Die EKT ist in der MuSeele sehr ausführlich dargestellt. Bei einer EKT, wie dort beschrieben, werden Elektroden an der Kopfhaut der Patientin oder des Patienten angebracht. Durch diese Elektroden werden elektrische Impulse stimuliert. Während der Behandlung kommt es vor, dass Körperteile der Patientin oder des Patienten anfangen zu zittern. Dies sieht sehr erschreckend aus und erweckt den Anschein, als würde die/der Betroffene unter starken Schmerzen leiden. Das war tatsächlich früher der Fall. Bei den heutigen Behandlungen ist es beruhigenderweise jedoch so, dass die Patientin oder der Patient zuvor eine Kurznarkose erhält und somit nicht das Geringste von der Behandlung mitbekommt. Auch dauert die EKT nur wenige Minuten. Das Ergebnis dieser Behandlungen ist die Besserung des Zusammenspiels verschiedener Hirnregionen, das zuvor durch die Erkrankung verändert war. Angewendet wird die EKT beispielsweise bei Menschen mit starken Depressionen.
Ein weiteres – schreckliches – Kapitel, dem das MuSeele sich widmet, ist die sogenannte Aktion T4. Die Aktion T4 bezeichnet den systematischen Massenmord an mehreren 10.000 Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen in Deutschland von 1940-1941 unter Leitung der Zentralstelle T4. Unter diesen Opfern befanden sich auch einige Patient*innen des Christophsbads. Auf einer Fotowand sind die Bilder ehemaliger Pat*ientinnen gezeigt – teilweise mit dem Hinweis „T4“ versehen. Der beklemmende Eindruck, der einen beim Betrachten überfällt, wird durch die originalen Koffer der Betroffenen noch unterstrichen.
An mehreren Stellen werden die Besucher*innen im MuSeele dazu aufgefordert, selbst mitzumachen. Damit wird die Erfahrung noch plastischer.
Diese Exkursion war eine gelungene Abrundung dessen, was wir in PP gelernt hatten.
Rosa Hein (SG 11.2)